Sonntag, 6. Februar 2022

 Illustrierte Kürzestgeschichten

Inspiriert durch gefundene Einkaufszettel –

wöchentlich erzählt von März 2019 bis Juli 2020.

 

60

 

BJØRK

Torid und Oskar, die beide wegen Corona seit Monaten im Homeoffice arbeiten mussten, wohnten nicht wie vor Corona-Zeiten in Oslo, sondern im Sommerhaus von Torids Eltern in Ørje, nahe der schwedischen Grenze, direkt an einem See gelegen, wunderschön, mit Wiese, Birken, Anlegesteg.

Da es am alten Sommerhaus von Torids Eltern immer etwas zu reparieren gab, hatte Oskar sich bei der Fahrt Oslo - Ørje in Hagan, der Würth Norge-Zentrale, einer der größten über ganz Norwegen verstreuten Würth-Niederlassungen, mit einem Werkzeugkasten und Kleinmaterial wie Schrauben und Nägeln ausgestattet. Im Bootsschuppen hinter dem Sommerhaus hatte er sich eine kleine Werkstatt eingerichtet, um z.B. mit den Stämmen gefällter junger Birkenbäume eine gemütliche Freiluftsitzgarnitur bauen zu können. Später sah er, dass es auch einen näher gelegenen Würth-Werkzeugladen gab. 

Torid freute sich jedes Mal über die von Oskar aus den Würth-Werkzeuggeschäften mitgebrachten Notiz-Zettelblocks, nahm sie regelmäßig in Beschlag und schrieb ihre Einkaufslisten darauf.


Zum Wochenende und wegen des Besuchs ihrer Schwester Line mit deren Kindern Haakon und Linus, zwölf und acht Jahre alt, musste sie unbedingt noch mehrere Packungen Polarbrød und etliche Beutel der beliebten bunten Safari-Tier-Kekse kaufen.

Torid und Oskar hatten einander in Köln kennen und lieben gelernt. Oskar hatte nachdem Studium der Sozialwissenschaften als Mitarbeiter einer Agentur gearbeitet, die während der Kölner Möbelmesse Design-Ausstellungen in Kölner Möbelläden organisierte und dazu einen Katalog herausgab.

Torid, die in Oslo, Oxford und Köln Wirtschaftwissenschaften studiert hatte und mit einer glänzenden Karriere als Managerin in der norwegischen Wirtschaft rechnen konnte, wollte unbedingt zurück nach Norwegen. Schließlich brachte sie Oskar dazu, nach Norwegen auszuwandern, wo sich Oskar überraschend schnell integrierte. In Oslo fand er eine Stelle in einem kleinen Start-up-Unternehmen für Sozialdesign. Wer ihn in Oslo erlebte, glaubte, Oskar sei schon immer Norweger gewesen.

Während der Homeoffice-Monate in Ørje begriff Oskar, worauf es ihm im Leben wirklich ankam: Auf Kreativität, auf seine Fähigkeit, schöpferisch und gestalterisch tätig zu sein, Dinge zu schaffen, die originell und dabei nützlich sind.

Also erwarb er eine Lizenz zum Fällen junge Birkenbäume und begann in seiner kleinen Werkstatt mit der Produktion von Birkenmöbeln, wobei er auf die Präsentation der weiß und seidig glänzenden Birkenrinden Wert legte, was Oskars Birkenmöbeln eine elegant nordische Optik verlieh.

Nach einem freundlichen TV-Bericht bei NRK1 – ABC Nyheter –, der Oskars Kreationen in Norwegen bekannt machte, träumte er davon, dass aus diesem Anfang eines Tages „BJØRK“ werde, die norwegische Konkurrenz zu IKEA und dass Torid ihm bei der Entwicklung dieses Unternehmens zur Seite stehen werde.

 

 

klick!

 

 


Keine Kommentare: