Illustrierte Kürzestgeschichten
Inspiriert durch gefundene Einkaufszettel –
wöchentlich erzählt von März 2019 bis Juli 2020.
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BJØRK
Torid und Oskar, die beide wegen Corona seit
Monaten im Homeoffice arbeiten mussten, wohnten nicht wie vor Corona-Zeiten in
Oslo, sondern im Sommerhaus von Torids Eltern in Ørje, nahe der schwedischen
Grenze, direkt an einem See gelegen, wunderschön, mit Wiese, Birken,
Anlegesteg.
Da es am alten Sommerhaus von Torids Eltern immer
etwas zu reparieren gab, hatte Oskar sich bei der Fahrt Oslo - Ørje in Hagan, der Würth Norge-Zentrale, einer der größten über ganz Norwegen
verstreuten Würth-Niederlassungen,
mit einem Werkzeugkasten und Kleinmaterial wie Schrauben und Nägeln ausgestattet.
Im Bootsschuppen hinter dem Sommerhaus hatte er sich eine kleine Werkstatt
eingerichtet, um z.B. mit den Stämmen gefällter junger Birkenbäume eine
gemütliche Freiluftsitzgarnitur bauen zu können. Später sah er, dass es auch einen näher gelegenen Würth-Werkzeugladen gab.
Torid freute sich jedes Mal über die von Oskar
aus den Würth-Werkzeuggeschäften
mitgebrachten Notiz-Zettelblocks, nahm sie regelmäßig in Beschlag und schrieb
ihre Einkaufslisten darauf.
Zum Wochenende und wegen des Besuchs ihrer Schwester Line mit deren Kindern Haakon und Linus, zwölf und acht Jahre alt, musste sie unbedingt noch mehrere Packungen Polarbrød und etliche Beutel der beliebten bunten Safari-Tier-Kekse kaufen.
Torid und Oskar hatten einander in Köln kennen
und lieben gelernt. Oskar hatte nachdem Studium der Sozialwissenschaften als
Mitarbeiter einer Agentur gearbeitet, die während der Kölner Möbelmesse Design-Ausstellungen
in Kölner Möbelläden organisierte und dazu einen Katalog herausgab.
Torid, die in Oslo, Oxford und Köln
Wirtschaftwissenschaften studiert hatte und mit einer glänzenden Karriere als
Managerin in der norwegischen Wirtschaft rechnen konnte, wollte unbedingt
zurück nach Norwegen. Schließlich brachte sie Oskar dazu, nach Norwegen
auszuwandern, wo sich Oskar überraschend schnell integrierte. In Oslo fand er
eine Stelle in einem kleinen Start-up-Unternehmen für Sozialdesign. Wer ihn in
Oslo erlebte, glaubte, Oskar sei schon immer Norweger gewesen.
Während der Homeoffice-Monate in Ørje begriff
Oskar, worauf es ihm im Leben wirklich ankam: Auf Kreativität, auf seine
Fähigkeit, schöpferisch und gestalterisch tätig zu sein, Dinge zu schaffen, die
originell und dabei nützlich sind.
Also erwarb er eine Lizenz zum Fällen junge Birkenbäume
und begann in seiner kleinen Werkstatt mit der Produktion von Birkenmöbeln,
wobei er auf die Präsentation der weiß und seidig glänzenden Birkenrinden Wert
legte, was Oskars Birkenmöbeln eine elegant nordische Optik verlieh.
Nach einem freundlichen TV-Bericht bei NRK1 –
ABC Nyheter –, der Oskars Kreationen in Norwegen bekannt machte, träumte er
davon, dass aus diesem Anfang eines Tages „BJØRK“
werde, die norwegische Konkurrenz zu IKEA und
dass Torid ihm bei der Entwicklung dieses Unternehmens zur Seite stehen werde.
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