Dienstag, 30. November 2021

 Illustrierte Kürzestgeschichten

Inspiriert durch gefundene Einkaufszettel –

wöchentlich erzählt von März 2019 bis Juli 2020.

 

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Kimyas gutes Deutsch

Wer sie fragt, wo sie herkomme, den schaut sie fragend an und antwortet nach einer Pause: „From Kenia.“

Sie ist dunkelbraun, groß und schlank. Eine schöne Afrikanerin. Zu ihrem weißen Spitzensommerkleid trägt sie eine helle Jacke und einen bunten Schal. Mit Vornamen heißt sie Kimya.

Sie ist die Tochter eines industriellen Rosenzüchters in Kenia, der ihr ein Studium an der School of Business an der Universität Nairobi ermöglichte. Von dort ging sie zur Fortsetzung ihres Studiums an die Cass Business, die wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der University of London.

Wegen ihres einjährigen Postgraduiertenstudiums „Internationale Zusammenarbeit für nachhaltige Entwicklung“ an der Humboldt Uni Berlin wohnt sie nun in einer deutsch-afrikanischen Wohngemeinschaft in Kreuzberg. In Berlin-Mitte macht sie einen Deutsch Individualkurs am Goethe-Institut.

Da am Wochenende die drei Mitbewohnerinnen da sein werden, hat Kimya alle zu einem kenianischen Essen eingeladen. Sie will Ugali kochen und hat sich deshalb im Internet vergewissert. How To Make Kenyan Ugali!1Watch how to make Semolina African Style! Enjoy it with African soups any time of day, apart of morning! This will make you heavy all day!“

Kimya serviert Ugali mit Hähnchenschenkeln, Kürbis und grünem Spargel auf Kürbisblättern. Dazu gibt’s weißen Riesling.

Anna, Jamila und Lisa sind begeistert von Kimyas Festessen.

Jamila erzählt von einem Plakat, das sie in Kreuzberg gesehen hat – mit einem Polizisten und der Schrift „KANN FRÜH und KANN SPÄTI“.

Und Lisa wirft ein, ja sie habe auch ein Plakat mit einer Polizistin gesehen, und darauf habe gestanden: „KANN 1. MAI und KANN 1. SCHULTAG“2

„Was soll das bedeuten?“ fragen Jamila und Lisa wie aus einem Munde.

„Das ist kompliziert“, antwortet Anna, „es kommt von Obamas „Yes We Can. Die Berliner Polizei will sagen, dass sie etwas beherrscht, was sie bisher nicht beherrschte.“

„Aber es ist schlechtes Deutsch“, sagt Kimya.

 

1 Ugali ([u’ ga li]) ist die in der ostafrikanischen Sprache Suaheli verwendete Bezeichnung für einen Getreidebrei aus Weizen- oder Maismehl, der zu relativ fester Konsistenz gekocht wird. Wikipedia

2 „Wir können Hauptstadt“ – Unter diesem Motto präsentierte die Berliner Polizei Mitte August 2019 eine neue Imagekampagne.

 

 

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