9 Titel: Ernst-Thälmann-Denkmal
an der Greifswalderstraße, 28.5.1990, (42 x 56 cm). Dieses Ding hat ein
sowjetischer Künstler namens Lew
Jefimowitsch Kerbel erst 1986 geschaffen.
Rückseitennotiz: Als ich hier zeichnete, hat mir kaum jemand
über die Schulter gesehen – aber viele Leute haben mich das Denkmal zeichnen
sehen. Ich hab mich immer gefragt, welchen Grund mein Zeichnen für sie haben
könnte. Einmal kam eine kleine dünne alte Frau und sagte: „Wenn’s wegkommt,
haben wir wenigstens ein Erinnerungsbild“. Ob sie glaube, dass es abgebaut und abtransportiert
werde, hab ich sie gefragt. Da ist sie ohne ein weiters Wort ganz schnell
weggegangen. Sonst waren nur ein paar Kinder da, die auf der zum Denkmal
gehörenden Fläche Rad fuhren.
Abends erfahre ich vom Kollegen Prof. Diethart Kerbs, dass hier
noch bis vor 5 Jahren eine Gasanstalt stand, ein industrielles Denkmal
ohnegleichen – und dass es dieser absoluten Scheußlichkeit zur 750-Jahr-Feier
1987 Berlins weichen musste. (So entdecke ich auf meine Weise Berlin.) Und warum
hab ich’s nun gezeichnet? Das hohle Denkmal? Ich glaube, weil mir das Pathos so exotisch, so fremd, so komisch, so beängstugend erschien.
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